Medizinisches Cannabis bei ADHS

Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der häufigsten neurologischen Störungen, die sowohl Kinder als auch Erwachsene betrifft. Die Standardbehandlung besteht oft aus Medikamenten wie Methylphenidat (z. B. Ritalin oder Medikinet), die jedoch nicht bei allen Patienten die gewünschten Ergebnisse erzielen oder Nebenwirkungen verursachen. In den letzten Jahren hat sich die Diskussion um alternative Behandlungsansätze intensiviert – insbesondere …

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Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der häufigsten neurologischen Störungen, die sowohl Kinder als auch Erwachsene betrifft. Die Standardbehandlung besteht oft aus Medikamenten wie Methylphenidat (z. B. Ritalin oder Medikinet), die jedoch nicht bei allen Patienten die gewünschten Ergebnisse erzielen oder Nebenwirkungen verursachen. In den letzten Jahren hat sich die Diskussion um alternative Behandlungsansätze intensiviert – insbesondere der Einsatz von medizinischem Cannabis. Doch was sagt die Wissenschaft dazu? Kann Cannabis tatsächlich eine wirksame Alternative für Menschen mit ADHS sein?

Aktuelle Studienlage zu Cannabis und ADHS

Die wissenschaftliche Forschung zu Cannabis als mögliche Behandlung von ADHS steckt noch in den Kinderschuhen. Eine der wenigen qualitativ hochwertigen Studien zu diesem Thema wurde 2017 von britischen Forschern durchgeführt. Dabei handelte es sich um eine doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie mit 30 erwachsenen ADHS-Patienten (Quelle).

Ergebnisse der britischen Pilotstudie

Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine Gruppe erhielt ein Spray mit gleichen Mengen an THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol), während die andere Gruppe ein Placebo erhielt. Nach sechs Wochen wurden Verbesserungen in folgenden Bereichen festgestellt:

  • Unaufmerksamkeit
  • Hyperaktivität und Impulsivität
  • Emotionale Stabilität

Jedoch waren die Verbesserungen nicht signifikant genug, um eine eindeutige Empfehlung für Cannabis als ADHS-Therapie auszusprechen. Gleichzeitig gab es keine Hinweise darauf, dass Cannabis negative Auswirkungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit der Patienten hatte.

Cannabis als ADHS-Therapie: Erfahrungsberichte und Zahlen

Seit der Legalisierung von medizinischem Cannabis in Deutschland im Jahr 2017 wurden umfangreiche Daten über die Verschreibungspraxis gesammelt. Laut einer fünfjährigen Begleiterhebung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) machte die Behandlung von ADHS rund 1 % der gesamten Cannabis-Verschreibungen aus (Quelle).

Interessanterweise war dieser Anteil vor 2017 deutlich höher (ca. 14 %), als Patienten noch eine Ausnahmegenehmigung für die Nutzung von medizinischem Cannabis beantragen mussten. Dies könnte darauf hindeuten, dass Cannabis in der ADHS-Therapie vor der gesetzlichen Regulierung eine größere Rolle spielte.

Verschreibung von Cannabis bei ADHS

Ärzte können Cannabis nach § 31 Abs. 6 SGB V verschreiben, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Es liegt eine schwerwiegende Erkrankung vor.
  • Andere Behandlungsmöglichkeiten haben keinen ausreichenden Erfolg gezeigt.
  • Der Einsatz von Cannabis verspricht eine positive Wirkung für den Patienten.

Patienten können einen Antrag auf Kostenübernahme bei ihrer Krankenkasse stellen. Allerdings gibt es keine Garantie, dass dieser genehmigt wird. Private Krankenkassen entscheiden individuell auf Basis des jeweiligen Tarifs (Quelle).

Risiken und Nebenwirkungen: Kombination mit Methylphenidat

Viele ADHS-Patienten, die Cannabis ausprobieren, tun dies eigenständig, ohne ärztliche Aufsicht. Eine US-Studie aus dem Jahr 2014 untersuchte mögliche Wechselwirkungen zwischen Methylphenidat und THC. Dabei wurde festgestellt, dass die Kombination dieser Substanzen zu einer erhöhten Herzfrequenz führte – eine potenziell gefährliche Nebenwirkung (Quelle).

Daher sollte die gleichzeitige Einnahme von Methylphenidat und Cannabis unbedingt mit einem Arzt besprochen werden, um mögliche Risiken zu minimieren.

Was weiß man heute über Cannabis und ADHS?

Die Forschungslage zu Cannabis als ADHS-Therapie ist noch nicht ausreichend, um eine eindeutige Empfehlung auszusprechen. Die bisherigen Ergebnisse zeigen vorsichtige Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit, doch größere, aussagekräftigere Studien sind notwendig.

Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse:

  • ADHS betrifft nicht nur Kinder, sondern auch rund 3 % der Erwachsenen in Deutschland.
  • Eine britische Pilotstudie aus 2017 deutet auf eine potenzielle Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS hin, allerdings ohne signifikante Ergebnisse.
  • In Deutschland wird Cannabis bei ADHS nur selten verschrieben (1 % der Gesamtverschreibungen).

Die Kombination mit Methylphenidat kann problematische Nebenwirkungen haben.

Wer Cannabis als Therapieoption in Betracht zieht, sollte dies unbedingt mit einem Arzt besprechen und nicht auf eigene Faust experimentieren.

Häufig gestellte Fragen zu Cannabis bei ADHS

1. Kann ich mit ADHS Cannabis auf Rezept bekommen?

Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Ein Arzt muss bestätigen, dass eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und andere Behandlungsmöglichkeiten nicht ausreichend gewirkt haben. Zudem muss ein Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse gestellt werden.

2. Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für Cannabis bei ADHS?

Gesetzliche Krankenkassen können eine Kostenübernahme genehmigen, sind aber nicht dazu verpflichtet. Private Krankenkassen entscheiden individuell je nach Tarif.

3. Gibt es Beweise dafür, dass Cannabis bei ADHS hilft?

Die Forschung ist noch nicht weit genug fortgeschritten, um eine klare Empfehlung auszusprechen. Es gibt Hinweise auf eine mögliche Wirkung, aber keine ausreichenden Beweise.

4. Ist die Kombination von Cannabis und Methylphenidat sicher?

Nein, eine Studie hat gezeigt, dass die Kombination beider Substanzen die Herzfrequenz erhöhen kann. Eine gleichzeitige Einnahme sollte daher nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.

5. Welche Alternativen gibt es zur ADHS-Behandlung mit Cannabis?

Neben den Standardmedikamenten wie Methylphenidat gibt es auch Verhaltenstherapie, Ernährungsumstellungen und andere alternative Ansätze, die in Absprache mit einem Arzt in Erwägung gezogen werden können.